Koppelnavigation

Was bedeutet koppeln?

Koppeln heisst, dass man ausgehend von einem bekannten Startpunkt die zurückgelegten Schläge in die Seekarte abträgt.

Ich starte z.B. bei der Westquadranttonne Roche Gautier (Punkt A). Der Punkt ist klar identifizierbar, es ist folglich ein genauer, ein „beobachteter Ort“ (Ob = Ort beobachtet). In diesem Beispiel gehen wir davon aus, dass kein Strom herrscht. Ich lege in einer Stunde 6sm mit KdW 110 zurück und gelange so zu B. Anschliessend folgt ein Schlag von 4,6sm ebenfalls in 1 Stunde mit KdW 009 und nun bin ich  bei C.

So werden die einzelnen Schläge aneinandergereiht, oder anders gesagt, aneinander gekoppelt. Der so erhaltene Standort C wird als „gekoppelter Ort“ bezeichnet (Ok = Ort gekoppelt).

Wichtiger Hinweis für Kursteilnehmer, die sich für die SYA-Prüfung vorbereiten und mit der Übungskarte der SYA (SHOM No 153/2014) arbeiten unter diesem Link.

Der Ok ist nur so genau, wie es die einzelnen Komponenten sind, aus denen der KdW und die zurückgelegte Distanz errechnet werden. Aber wie genau ist das? Stimmt das Log? Wie genau lässt sich ein MgK steuern? Ist die Abl bekannt? Wie steht es um die Genauigkeit der Windabdrift, die ist doch bloss eine Schätzung, oder?

Es gibt viele Ungenauigkeiten und mit jedem Schlag und je länger die zurückgelegte Strecken sind, wird die Unsicherheit grösser. Eigentlich müsste man den Ok als Fläche statt als Punkt darstellen.

Ein Ok muss darum – wenn immer möglich – überprüft werden, sei es terrestrisch mit einer Kreuz- oder Doppelpeilung oder beim Blauwassersegeln astronomisch mit einem Sextanten. 


Besteckversetzung

Wenn man einen gekoppelten Ort (wo man meint, dass man sei) mit dem beobachteten Ort vergleicht (wo man wirklich ist), dann ergibt sich je nach Genauigkeit der Koppelmethode eine mehr oder weniger grosse Differenz. Man sieht zum Beispiel, dass der effektive Standort am unteren Beispiel 1,2sm weiter Richtung NNE liegt. Diese Differenz vom Ok zum Ob nennt man Besteckversetzung. Sie wird in Richtung und Distanz angegeben (z.B. 019/ 1,2sm).

Beispiel

Du näherst dich von Westen kommend St. Malo und hast deinen KüG in Richtung der Mittfahrwassertonne berechnet (berechneter KüG = 097 = blaue Linie). Du hast die vom letzten Punkt versegelte Distanz abgetragen und müsstest laut deinen Berechnungen am blau markierten Ok sein. Da du aber auf Steuerbord zwei Tonnen siehst, wirst du misstrauisch und überprüfst deine Position mit einer Kreuzpeilung zu diesen zwei Tonnen. Du stellst fest, dass dein Ob (rot markiert) einiges weiter nördlich liegt, als berechnet. Dein effektiv gefahrener KüG war also die gestrichelte rote Linie. Die Besteckversetzung BV (dicker, gelber Pfeil) misst du aus der Seekarte heraus. In diesem Beispiel beträgt sie 019/ 1,2sm. In diesem Beispiel am besten auf gleichem Kurs weitersegeln und nach der N-Quadranttonne Le Vieux Banc nach Steuerbord zur Mittfahrwassertonne hin abbiegen.

Bleibt die Frage, wozu es nützlich ist, die BV zu kennen. Die BV ist ein Feedback zu deiner Koppelgenauigkeit und hilft dir darin immer besser (= genauer) zu werden. Wenn du z.B. merkst, dass deine versegelte Distanz immer kleiner ist, als die wirklich versegelte, dann arbeitet vielleicht dein Log nicht genau. Vielleicht muss das mechanische Log wieder mal gereinigt werden oder man rechnet einen Korrekturfaktor künftig mit ein. Oder dein KüG stimmt nicht, weil die Strömung oder die Windabdrift unterschätzt wurde.

Bei der Prüfung der SYA hingegen wird die Bestimmung der Besteckversetzung im Zusammenhang mit der Doppelpeilung abgefragt (SYA Kartenaufgabe 13).


Im Zeitalter des GPS-Tracking erscheint diese Navigationstechnik etwas verstaubt. Es ist aber durchaus sinnvoll, wenn man das Tracking des zurückgelegten Weges auch manuell durchführen kann, genauso wie der ganze Hochseescheinkurs darauf abzielt, die Navigation von Grund auf zu verstehen und nicht nur digitalen Geräten zu vertrauen.


Lies dazu in der Seemannschaft den Abschnitt „Das Koppeln“ auf S. 495 – 496

 


Koppeln ohne und mit Strom

Koppeln ohne Strom ist simpel und funktioniert wie oben beschrieben: 

1. Berechne deinen KdW und trage ihn ab deinem letzten Ob in die Karte ein.

2. Trage auf dem Vektor die versegelte Distanz ab.

Die Navigation mit Strom wird später in mehreren Lektionen ausführlich besprochen und geübt. Doch hier greifen wir ein wenig vor. Die Sache ist die: Beschickung Strom ist in der Praxis nur selten als eine Abweichung meines Kurses in Grad bekannt. Normalerweise kennt man die Richtung des Stromes in Grad und die Stärke des Stroms in kn. 

Zum Beispiel: 135/2,4

Der Strom setzt in Richtung 135 Grad und hat eine Stärke von 2,4kn. Je nach dem welchen Kurs durchs Wasser ich fahre, kommt der Strom von vorne und bremst mich, oder von hinten und gibt mir Schub, oder in irgendeinem Winkel von Backbord oder Steuerbord und beeinflusst meinen Kurs über Grund und meine Fahrt über Grund. Auf der Seekarte wird darum der Strom als Vektor an meinen Kurs durchs Wasser (KdW)  angefügt und ich erhalte so den Ok.

Fügen wir dem obigen Beispiel einen Strom von 135/2,4 zu. Das folgende Video erklärt diese Aufgabe:


Hier eine kleine Übungsserie zur Festigung.

Übungen koppeln

 

 


Wenn du die Übungen gelöst und verstanden hast, dann kannst du diese Lektion „Als erledigt markieren“.